Über den Unterschied zwischen einem Spaziergang und einer Wanderung könnte man sich vermutlich ganz wunderbar streiten. (Man könnte aber stattdessen auch einfach wandern gehen. Oder eben spazieren.)
„Für alles unter zwanzisch Kilometer zieh‘ ich mir noch nicht mal die Wanderschuhe an!“ lautete früher mein Credo – aber die Gesellschaft meiner herzkranken Hundedame hat mir gezeigt, dass durchaus auch auf Ausflügen unter 10 km Wanderlust aufkommen kann. Wenn sich eine abwechslungsreiche Landschaft zusätzlich zu schönen Aussichten noch ein paar Höhenmeterchen ins Haar steckt, kann auch so ein Kurzstreckchen für ein zauberhaftes Erlebnis sorgen.
„Wandern ist eine Form weiten Gehens von mehreren Stunden.“ sagt Wikipedia. Nun gut, das würde auf den Waldlehrpfad Heimbacher Wald mit seinen knappen 4,5 km wohl dann eher nicht zutreffen, aber eigentlich ist es meinem Gemüt am Ende auch wurscht, was Wikipedia so vor sich hinbrabbelt.
Heute ist nämlich ein schöner Tag, um ebenjenen kleinen Rundkurs unter die Füße zu nehmen, und ob das der Rest der Welt nun „Wandern“ oder „Spazieren“ nennt, ist mir Jacke wie Hose.
(Die Jacke bleibt heute eh daheim. Dafür ist es viel zu warm.)
Die Gegend ist mir von diversen Gassirunden allerbestens bekannt, aber den mit „NR2“ markierten Rundkurs bin ich noch nie gezielt abmarschiert. Aber heute. Also Schuhe zu und los.
Die Markierung und somit der Einstieg in den Waldlehrpfad sind fix gefunden, und die ersten 100 Meter bieten leider ein sehr trauriges Bild….im einst dichten kühlen Nadelwald klaffen riesige Löcher, und der Weg wird links und rechts von dürren Fichtenskeletten gesäumt. Aber nun – die Borkenkäferproblematik nach dem letzten Hitzesommer ist bekannt und (von mir) nicht zu ändern, also seufzen wir einmal tief auf (das Hundetier wohl ehrlicherweise eher wegen dem flüchtenden Reh als wegen der kaputten Bäume) und marschieren weiter.
An vielen Stellen um den Weg herum sind Holzschilder aufgestellt, auf denen Wissenswertes zum Wald- und Tierreich oder Gedichte eingraviert sind. So kann man sich während des Wanderns Spazierens ganz wunderbar weiterbilden oder auch einfach ein bisschen vor sich hinphilosophieren. Wenn man denn möchte. Meine Hundedame hat’s nicht so mit der Philosophie und nutzt den Schatten eines solchen Schildes lieber für ’ne ausgiebige Pinkelpause.
Ist auch wichtig.
Über ein lauschiges Wegstück gelangen wir zum „Schnepfenteich“, der im letzen Jahr mangels Regen zu einem kümmerlichen, sumpfigen Tümpelchen mutiert ist. Aber dennoch ist es ganz entzückend hier, saftig grün, wunderbar still und idyllisch, und ein charmanter kleiner Trampelpfad geleitet uns zur Meilerhütte. Hier könnte man wieder etwas lernen, denn in der Schutzhütte lehren Schautafeln Wissenswertes über das Köhlerhandwerk. Ich selbst nutze die Zeit stattdessen, um mich kurz darüber zu empören, dass just unter einem großen Hinweisschild, auf dem steht, dass es verboten ist, hier offenes Feuer zu entzünden, verkohlte Überreste von…ähm…offenem Feuer auf dem Boden herumliegen. „Mann, Mann, Mann!“ schimpfe ich vor mich hin, während das Tier betont unauffällig die Kohle auf eventuelle Grill-Essensreste untersucht.
Wir beschließen, uns von der Arschlochhaftigkeit ignoranter Idioten nicht den Tag vermiesen zu lassen und schalten wieder in den Genussmodus. Das fällt hier leicht, denn der Weg ist wirklich, wirklich schön.
Um das Ganze als handfeste „Wanderung“ in mein innerliches Hirn-Tagebuch zu schreiben, fehlt es mir hier in der Tat an Streckenlänge und Anstrengung, aber für eine „Wandelung“ ist der NR2 absolut perfekt. Meine Seele baumelt mal hier, mal da in einem grünen Baumwipfel, die Luft riecht wunderbar sommerlich-waldig und die Vögel plärren nach Leibeskräften. Heute brauch‘ ich nicht mehr zur Seligkeit.
Und nachdem sich das Hundetier gegen Ende noch ausgiebigst in irgendwelchen garstigen Exkrementen gewälzt hat, sind wir dann beide zufrieden.
„Wandern ist eine Tätigkeit der Beine und ein Zustand der Seele.“ sagte Josef Hofmiller. Laut dieser Definition wäre es dann doch möglich, auf dem NR2 zu wandern.
Auch wenn es nur 4,5 km sind.

Start | Parkplatz Heidegraben L258 (Neuwied) |
Länge | 4,5 km (Rundkurs) |
Höhenmeter | ca. 90 |
Gehzeit | gemütliche 1,5 Stunden |
Details | vorwiegend schattig, im Sommer für Hunde Wasser mitnehmen! |
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