Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler.
(Johann Wolfgang von Goethe)
„Och nee…da geht’s ja immer nur bergauf!“ muffeln meine Mitmenschen nicht selten, wenn ich mal wieder maximaleuphorisch von Wanderungen in meinem heißgeliebten Wiedtal schwärme.
Auch wenn es bei Licht betrachtet natürlich eher unwahrscheinlich bis unmöglich ist, dass es bei einem Rundkurs ’nur bergauf‘ geht, lässt es sich dennoch nicht leugnen, dass es bei Touren in meinen Lieblingswanderregionen nahezu immer zumindest ‚hügelig‘ zugeht.
Und das ist auch gut so.
Warum? Weil es einfach einen Heidenspass macht, kleine oder größere Hügel hochzukraxeln, grandiose Aussichten anzustaunen, wieder ins Tal zu wandeln und sich dabei von der Anstrengung erholen, um sogleich wieder hochzustapfen. Natürlich könnte man alternativ zur wandelnden Berg- und Talfahrt auch einfach schnurgerade und topfeben an Wied oder Rhein entlangschlurfen, ohne auch nur ein Schweißperlchen zu verlieren oder die Lungenflügel für ein Sekünden aus dem Mittagsschlaf zu wecken.
Aber wie langweilig wäre das?
Der Berg als Trainer und Coach
Ich sehe eine Wanderung immer ein bisschen als Symbolbild für das Leben – und da geht’s nun mal auch nicht immer mühelos und geradeaus zu. Manchmal tun sich auch im Leben plötzlich Anstiege und Anstrengungen auf, die man nicht bestellt hat. Ob das nun ein Drama ist oder nicht, kommt drauf an, wie man damit umgeht.
Man könnte wahlweise bockig wie ein Kleinkind vor dem Berg stehenbleiben, motzen und kei!-nen! Schritt weitergehen. Dann kommt man halt aber auch nicht von der Stelle.
Man könnte während des Anstiegs auch schimpfen und fluchen, wie gottverdammt anstrengend das nun ist und wie wenig Bock man da jetzt drauf hat. Damit vergeudet man aber Kraft und Puste, die man viel sinnvoller zm Marschieren einsetzen könnte. Somit wird der Aufstieg quälender als nötig und kommt einem oft tausendmal länger vor als er ist.
Oder aber man nimmt den Weg einfach so wie er ist – und den Berg unter die Füße.
Statt über die Anstiege zu nörgeln, kann man sich auch einfach daran erfreuen, dass der Kreislauf in Schwung und die Zellen in Wallung kommen. Auch wenn dabei der Schweiß am Rücken tropft, ist das kein noch lange kein Grund für ein langes Gesicht, im Gegenteil – Schwitzen kann durch seine Wirkung auf neuronale Schaltkreise im Gehirn gegen Stimmungsschwankungen helfen und somit am Ende wieder zur Entspannung beitragen. Zudem engiftet Schwitzen den Wanderkörper und kann sogar gegen Hautinfektionen wirken.
Also – Wasser marsch!
Zudem ist Bergauf-Marschieren schonender für Rücken und Gelenke, weil man nicht so mit Schmackes auf den Boden rummst wie beim Bergab-Laufen. Die Aufprallkräfte sind reduziert und bekömmlicher fürs untere Gebälk.
Und nicht zu vergessen – auch das Herz ist ein Muskel und freut sich über eine gelegentliche Bergauf-Cardio-Einheit.
Ohne Anstiegsfleiß kein Aussichtspreis

Und der allerwichtigste Aspekt, warum man mit Anstiegen und Bergen Freundschaft schließen und nicht drüber meckern sollte – es gibt kaum ein fabelhafteres Wohlgefühl, als schnaufend nach einer knackigen Steigung auf einem Gipfel anzukommen und mit einer phantastischen Aussicht belohnt zu werden. Zu spüren, wie die Anstrengung wieder nachlässt, Körper und Geist wieder zur Ruhe kommen und den Blick über die darniederliegende Weite mit ihren Höhen und Tälern schweifen zu lassen.
Und sich selbst mal auch mal kräftig auf die Schulter zu klopfen für die eigene Kraxel-Leistung und das Durchhalten.
„Ist ja wie im richtigen Leben!“
Sag‘ ich doch.
Das mit dem dauernd Meckern, wenn es blöd und schwierig ist, kenn ich auch von einigen Zeitgenossen. Man kann ja einmal sagen, dass das jetzt nicht so optimopti ist alles und man sich damit nicht wohlfühlt, aber dieses Dauergenörgle geht ja allen um denjenigen rum auch noch auf’n Keks. Und weniger blöd und schwierig wird es davon ja auch nicht. Nur die allgemeine Stimmung wird mieser. Müsste man denen auch mal irgendwie klar machen 🙂